Was für ein zweiter Teil! „Masterpiece – Wenn Schatten auferstehen“ ist ein Thriller, der die Leserschaft nicht einfach nur mitreißt, sondern bis ins Mark erschüttert. Ursache und Wirkung – dieses Prinzip ist hier keine bloße Erzähltechnik, sondern ein alles durchdringender Puls, der jede Szene, jede Entscheidung, jedes Gefühl antreibt. Schon im ersten Band wurde mit blutigen Spuren durch die Kunstwelt ein düsteres Fundament gelegt, doch im zweiten Teil entfaltet sich die volle Wucht der Vergangenheit: Die Schatten, die damals geworfen wurden, steigen nun auf – und niemand bleibt davon unberührt.
Die Autoren Nicolai Tegeler und Valeska Réon schaffen es, historischen Schmerz mit einer messerscharfen Gegenwartsanalyse zu verweben. Besonders die extremen psychischen Auswirkungen, die gemarterte jüdische Kinderschicksale im Erwachsenenalter der 80er Jahre hinterlassen, werden mit einer Intensität geschildert, die unter die Haut geht. Jede Seite ist durchdrungen von der Frage: Wie viel Vergangenheit steckt in unserer Gegenwart? Die Ermittler Stijn van der Rijns und Henk Peeters werden von den makabren Inszenierungen des Bibelkillers vor dem Rijksmuseum nicht nur schockiert – sie werden gezwungen, sich ihren eigenen Dämonen zu stellen. Alte Wunden reißen auf, die Ermittlungen treiben die Protagonisten an ihre Grenzen und lassen die Stadt im Bann der Angst erstarren.
Was mich besonders gepackt hat, ist die psychologische und emotionale Tiefe: Die Figuren taumeln zwischen moralischem Konflikt, rechtlicher Grauzone und einer Eskalation der Gewalt, die sie fast zerbrechen lässt.
Und dann dieser feine, manchmal fast snobistische Humor aus der Künstlerwelt – ein kurzer Lichtblick, der mich trotz allem zum Schmunzeln brachte.
Die Entführung von Tessa ist ein persönlicher Tiefschlag und zugleich der Katalysator für Stijns Wandel. Die Ursache – sein Scheitern, Mia de Jong damals zu fassen – zwingt ihn, diesmal alles aufs Spiel zu setzen. Die Wirkung: Er überschreitet Grenzen, verlässt die sichere Seite des Gesetzes und folgt der Spur bis nach New York. Die Jagd wird zur Zerreißprobe, bei der Loyalität und Moral auf eine harte Probe gestellt werden.
Was im ersten Teil an düsterer Atmosphäre und psychologischer Tiefe angelegt wurde, steigert sich hier zu einem packenden, beinahe atemlosen Finale. Täter und Ermittler verstricken sich immer enger, die Rollen verschwimmen, und am Ende bleibt die Erkenntnis: Die Vergangenheit vergeht nie – und die Gegenwart ist geprägt von Schuld, Angst und dem verzweifelten Versuch, Wiedergutmachung zu leisten.
Fazit: „Masterpiece – Wenn Schatten auferstehen“ ist mehr als eine konsequente Fortsetzung – es ist ein Spiegel der Konsequenzen aus Teil eins, ein Thriller, der Ursache und Wirkung so konsequent miteinander verwebt, dass man selbst ins Grübeln kommt, wie viel Vergangenheit in jeder Gegenwart steckt.
Ein Buch, das nachhallt – und das man nicht so schnell vergisst - ich empfehle es der Leserschaft sehr gern weiter.
Heidelinde Penndorf
(Mai 2025)
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