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Wenn Mauern fallen - Hilde Willes Empfehlung

Eine emotionale Wucht ist da auf mich eingestürmt … sensibel und leise und doch so laut, so lebendig, so real, so menschlich – die Gefühlsskala rauf und runter – amüsant, manchmal überaus lustig und dann wieder ganz ernst – lachen und weinen, so nah beieinander – manchmal märchenhaft, zauberschön und manchmal so realistisch erschreckend kalt und traurig. Doch immer fesselnd, immer spannend – es ist ein Buch mit vielen Reibungspunkten, ein Buch, in dessen Inhalt man versinkt, ein Buch, welches nachdenklich stimmt.

Wenn Mauern fallen … der Titel, der birgt so viel – die Euphorie, während die innerdeutschen Grenzen fallen und die Ostdeutschen, wie Heuschrecken in die ›ehemaligen westdeutschen Zonenrandgebiete‹ ausschwärmen, die Läden leerkauften und nicht nur da. Fremde Menschen sich plötzlich in den Armen liegen und zusammen feiern. Wir sind eins – ein Volk.

Und dann die Faschingszeit – der Clown mit der aufgemalten Träne, der da mahnt: ›So bleibt es nicht‹. Wie recht er doch hatte – die Euphorie sie hat sich verflüchtigt, in der Jetztzeit. Das reale Erleben der Menschen, in den ehemaligen ›westlichen Zonenrandgebieten‹, das kannte ich bisher nicht und auch nicht, was sie in der Jetztzeit fühlen, denken und erleben – es zu lesen, hat mich tief berührt. Der Aufbau Ost hat auch ihnen wirtschaftliche und dadurch auch persönliche Veränderungen abverlangt, die nicht immer gut waren. So manches Dorf verwaiste, verlor seine wirtschaftliche Kraft … Verluste, also in Ost und West – auf beiden Seiten – Verlierer des Mauerfalls. Und in so manchen von uns, türmen sich wieder neue Mauern, diesmal in den Köpfen …

Und Mitten in diesem Durcheinander, in welchen Politik und Wirtschaft ihre Fäden ziehen, begegnet Conny, beheimatet in einem kleinen hessischen Ort, nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze, ihrem Traumprinzen Jo, von dem sie schon immer träumte – Ost vereinigt sich in Liebe mit West. Eine Liebe, die so innig und tief ist, dass sie nie enden soll. Doch mit brachialer Urgewalt dringt das Unheil in diese kleine heile Welt. Eine Zukunft ohne Jo – ohne Vater – für ihre Tochter und den noch ungeborenen Sohn. Die junge Frau fällt ins Bodenlose, verliert ihre innere Sicherheit, da fallen keine Mauern – sie baut welche – damit sie überleben und funktionieren kann – für ihre Kinder. Und Jo – ihre große Liebe, den stellt sie ganz hoch auf einen Sockel – wenn sie auch nicht begreifen kann, was da passiert ist, mit ihm. Und nach und nach kehrt sie ins Leben zurück – aber anders als bisher – introvertierter. Sie funktioniert, muss das ja, schon wegen ihrer Kinder und auch wegen ihrer Freunde, die sie unterstützten, als sie abstürzte und denen sie auch immer zur Seite steht – ein Geben und Nehmen beiderseits.

Und dann kam der Tag, an welchem sich das Rätsel löste, warum Jo gegangen war, für immer. Auch in seiner Seele fiel eine schon morsche, fast kaputte Mauer – die Mauer des Vertrauens zu seiner geliebten Frau – sie krachte zusammen. Jo´s Tun – eine sensible, nicht vorhersehbare Schockreaktion – Kurzschlussreaktion

Da hat einer Schuld auf sich geladen, weil er das Misstrauen über Monate, über Jahre hinweg gesät hatte – bei dem waren alle Mauern gefallen, auch die der Ehrlichkeit, weil er Conni liebte und für sich haben wollte – der falsche Weg, um jemandes Liebe zu erringen. Ein zweifelhafter Weg, den dieser Mann gegangen war, der im Endeffekt den Kindern den Vater und der Frau den Mann nahm. Und doch alles in allem auch ein Protagonist, den ich mag – er hat nur für sich die falsche Entscheidung gefällt und Jo wiederum ebenfalls.

Fünf Tage lag Conni nach diesem Geständnis flach, fünf Tage verweigerte sie den Kontakt zur Außenwelt und ihrem sozialen Umfeld … Freunde kümmerten sich um die Kinder, keiner fragte nach, was passiert war. In diesem fünf Tagen fielen die Mauern in ihr – zu lange war sie schon in ihrer Komfortzone – nun räumte sie in sich auf. Stellte fest, dass Jo auch nur ein Mensch war und kein Prinz, sonst hätte er den Lügen Stand gehalten und ihr vertraut. Sie holte Jo von seinem Sockel herunter und sie begann wieder richtig zu leben, weil sie wach geworden war. Sie fühlte sich wieder, mit allen Sinnen.

Ein wundervolles Buch, geschrieben in einer sehr bildhaften Sprache, mit emotionaler Tiefe, und überaus lebendigen Hintergründen und Protagonisten – Kopfkino par excellence.

Sehr gern empfehle ich das Buch an die Leserschaft weiter.

Heidelinde Penndorf

(13.04.2019)

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